Smarte Krankenkassenprogramme
Lektion 1
Ihre Krankenkasse – hier können Sie punkten!
Martin Schmidlin: Mensch, wer ruft mich denn jetzt schon wieder an, wo ich gerade auf dem Sprung bin? Und auch noch eine unbekannte Nummer. Naja, ich geh‘ mal dran. Vielleicht ist es ja wichtig.
Frau Maike Zentner: Hallo, hier spricht Frau Zentner von Ihrer Krankenkasse. Gut, dass ich Sie erreiche.
Ich habe eine kurze Frage an Sie: Haben sie schon mal von unserem Bonusprogramm gehört?Wenn Sie sich fit halten und zum Beispiel den regelmäßigen Besuch eines Sportkurses oder eine Fitnessclub-Mitgliedschaft nachweisen können, erhalten Sie virtuelle Punkte. Und diese Punkte – in einer gewissen Anzahl – führen zum Beispiel zu einer Verringerung ihres Mitgliedsbeitrags.
Martin: Ach so, ja, davon habe ich schon mal gehört. Aber ich besuche gar keine Kurse und ich bin auch nicht Mitglied im Fitnessstudio. Leider habe ich gerade auch gar keine Zeit …
Frau Zentner fällt Martin ins Wort: Machen Sie denn Sport?
Martin: Ähm… Ja? Wieso denn? Ist das hilfreich?
Frau Zentner: Das ist doch toll! Wenn Sie dabei ein Wearable wie einen Fitnesstracker oder eine Smartwatch tragen, können Sie uns die damit gesammelten Daten weiterleiten und wir rechnen Ihre Leistung in Bonuspunkte um.
Bonus-App – wie funktioniert‘s?
Nun ist Martins Interesse geweckt. Er treibt leidenschaftlich gern Sport, das könnte sich für ihn lohnen. Aber bei der gestrigen Radtour mit Timm stand er dem Teilen von Trackingdaten in einer Community kritisch gegenüber. Soll er wirklich seine Vitaldaten mit seiner Krankenkasse teilen?
Abends lädt Martin sich die Bonus-App zunächst einmal auf sein Smartphone, um zu sehen, wie die Datenübertragung ablaufen soll.
Für die Teilnahme am Bonusprogramm ist bei allen Krankenkassen eine Registrierung nötig. Einige Krankenkassen haben eine eigene Bonus-App entwickelt, über die man die Nachweise per Screenshot oder Foto einreichen kann.
Bei Martins Krankenkasse ist das Bonusprogramm in die Service-App integriert. Die direkte Verknüpfung mit den gängigsten Fitnesstracking-Apps ist möglich. Die dort aufgezeichneten Aktivitäten werden Martin automatisch für das Bonusprogramm gutgeschrieben.
Aufgabe
Gut aufgepasst? Dann teste dein Wissen zum Bonusprogramm!
Datenweitergabe an die Bonus-App – und dann?
Das Bonusprogramm seiner Krankenkasse erscheint Martin einfach und unbedenklich. Er kann einer Teilnahme immer mehr abgewinnen.
Zwar treibt Martin gerne Sport, aber hin und wieder lässt er sich etwas gehen. Zum Punktesammeln muss er Vorgaben einhalten. Vielleicht kann er mit dieser zusätzlichen Motivation seine Durchhänger vermeiden.
Außerdem bietet seine Krankenkasse an, eine Smartwatch mit bis zu 250 Euro zu bezuschussen – das reizt ihn schon sehr. Eigentlich findet er es toll, was eine Smartwatch alles kann.
Dennoch hat er weitere Fragen: Wo und wie lange werden seine Daten gespeichert? Werden sie pseudonymisiert?
Er nimmt seinen Laptop und recherchiert auf der Website seiner Krankenversicherung.
Aufgabe
Was denkst du? Was passiert mit den weitergegebenen Vitaldaten bei der Krankenversicherung?
Erläuterung
Bei der Datengewinnung und -verarbeitung für Bonusprogramme unterscheiden sich gesetzliche und private Krankenversicherungen.
Für gesetzliche Krankenversicherungen gelten bei der Erhebung und Speicherung von Gesundheitsdaten strenge datenschutzrechtliche Vorschriften. Damit gibt es kein Problem hinsichtlich einer möglichen Verletzung der Privatsphäre von Versicherten.
Private Krankenversicherungen können dagegen theoretisch die erhobenen Daten zur Kalkulation risikoadäquater Prämien nutzen. Bislang geschieht das nicht. Dennoch sollten hier Regelungen entwickelt werden, damit Versicherte keine Nachteile erfahren, wenn sie Gesundheits-Apps nicht nutzen möchten.
Noch leiten die privaten Krankenkassen aus der Datenerfassung keine Leistungsänderungen ab. Das liegt unter anderem daran, dass die Abschätzung von Risiken und Gesundheitsvorteilen nur im Durchschnitt gilt und nicht im Einzelfall.
Was bedeutet es, wenn sich das Risiko für eine bestimmte Erkrankung durch Sport um x Prozent verringert – ist das viel oder wenig? Das hängt stark davon ab, wie hoch das Risiko sonst ist. Wenn ohne Sport zwei von 100.000 Menschen erkranken und mit Sport einer von 100.000, sinkt das Risiko um die Hälfte, war aber auch vorher schon gering.
Auf dieser Basis kann der getrackte Sport keine große Aussagekraft für die Einschätzung von Gesundheitsrisiken oder -vorteilen haben.
Chancen oder Gefahren, was überwiegt?
Martin hat noch mal eine Nacht über die Sache mit den Bonusprogrammen geschlafen. Er hat sich nach gründlichem Abwägen von Chancen und Gefahren dazu entschlossen, am Bonusprogramm seiner Krankenversicherung teilzunehmen.
Aufgabe
Welche Chancen oder Gefahren gibt es beim Tracking von Gesundheitsdaten, die an Krankenkassen übermittelt werden? Sortiere:
Erläuterung
Die Chancen des Gesundheitstrackings scheinen in der Bevölkerung höheres Gewicht zu haben als die etwaigen Risiken und Gefahren: Die Kaufmännische Krankenkasse führte 2019 eine Umfrage durch, bei der 32 Prozent der Befragten im Alter von 18 bis 50 Jahren angaben, digitale Angebote zum Aufzeichnen von Gesundheitsdaten zu nutzen; 2015 waren es noch 14 Prozent.