Handlungsfeld Gesundheit

Self-Tracking und Bonusprogramme

Abstract

Lektion 1

Bin ich gesund, nur weil ich Sport mache?

Um das weitere Vorgehen und die verschiedenen Optionen des Prämienprogramms zu besprechen, ruft Martin Frau Zentner von seiner Krankenkasse an. Im Laufe des Gesprächs drängt sich ihm eine Frage auf.

Martin: Was sagen diese gesammelten Daten eigentlich über meine Gesundheit aus? Ich könnte ja trotzdem rauchen, mich ungesund ernähren oder eine genetische Disposition haben.  

Frau Zentner: Natürlich transportieren die erhobenen Daten, die Sie an uns weiterleiten, nur begrenzte Informationen. Sie sagen uns nicht, ob Sie vollkommen gesund sind oder sich vollkommen gesundheitsfördernd verhalten. Das sollen und müssen sie aber auch gar nicht.

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Grafik 2 Personen am Telefon

Martin: Ach ja?

Frau Zentner: Die Informationen, die Ihre Daten beinhalten, sind zum einen, dass Sie Sport treiben, zum anderen, wie viel Sport Sie machen. Das reicht uns schon völlig aus.

Martin: Und was habe ich dann genau davon?

Frau Zentner: Wir belohnen Ihr gesundheitsförderliches Verhalten gerne mit Prämien aus unserem Prämienshop oder etwa mit einer Bezuschussung einer Smartwatch mit bis zu 250 Euro! 

Wie viele Schritte sollst du gehen?

 

Nach dem Telefonat mit Frau Zentner hat Martin sich noch einmal genauer auf der Seite seiner Krankenversicherung umgeschaut. Ab wie viel sportlicher Aktivität kann er überhaupt Bonuspunkte sammeln und in welchem Verhältnis steht das?

Martin erhält 100 Bonuspunkte pro Tag, wenn er nachweisen kann, dass er 

  • 10.000 Schritte gegangen ist oder 
  • Eine halbe Stunde Sport am Stück bei einer durchschnittlichen Herzfrequenz von 120 Schlägen pro Minute gemacht hat oder 
  • Wenn in einem zusammenhängenden Zeitintervall von 30 Minuten sein Kalorienverbrauch bei mindestens 150 kcal lag. 

Über sportliche Aktivitäten kann er im Monat maximal 1.500 Bonuspunkte sammeln. So ergibt sich der mögliche Gesamtbonus von 18.000 Punkten pro Jahr. 

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Grafik Sport im Park

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Erläuterung:

In einer Studie trackte die Harvard University die täglichen Schritte von 16.741 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 72 Jahren über vier Jahre hinweg. Die Sterblichkeitsrate der Frauen verringerte sich bereits bei täglich 4.400 Schritten. Ihr Sterberisiko war zu 41 Prozent geringer als bei Frauen mit nur 2.700 Schritten. Der statistische Vorteil steigerte sich bis zu einer Grenze von 7.500 Schritten pro Tag.

Allerdings gelten solche Ergebnisse nicht automatisch in jedem einzelnen Fall. Viel zu gehen ist also auch für Martin keine Garantie dafür, dass er gesund bleibt oder ein hohes Alter erreicht.

Für die Krankenkasse genügt es jedoch, wenn diese Effekte im Durchschnitt bei ihren Versicherten eintreten – bei manchen mehr, bei anderen weniger.

 

Und was ist mit dem Solidarprinzip?

Zufrieden mit seiner Entscheidung, am Bonusprogramm teilzunehmen, trifft Martin sich abends mit Timm im Park. Der aber ist nicht so begeistert von dem, was Martin erzählt. Er findet, die Krankenkasse belohnt nicht nur, dass man sich fit hält, sondern auch, dass man seine Daten an sie weitergibt. 

Außerdem könnte seiner Meinung nach das Bonussystem das Solidarprinzip der Krankenkassen ins Wanken bringen: Was ist mit denen, die aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, an solch einem Bonusprogramm teilzunehmen? Müssen diese Versicherten bald höhere Beiträge zahlen?

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Grafik Spaziergänger im Park

Das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenkassen unterscheidet sich stark von privatwirtschaftlichen Versicherungsverhältnissen. Alle gesetzlich Versicherten haben den gleichen und nur vom eigenen gesundheitlichen Bedarf abhängigen Anspruch auf medizinische Versorgung.

Die Beiträge richten sich nur nach der Höhe des Einkommens, nicht nach den erhaltenen Leistungen oder anderen Faktoren, wie sportlicher Betätigung. Dennoch müssen die gesetzlichen Krankenversicherungen laut Sozialgesetzbuch ein Bonusprogramm anbieten.

Die Voraussetzungen hierfür legen die Krankenkassen selbst fest. Sie dürfen aber keine Individual-Tarife auf Basis von Trackingdaten anbieten.

Damit keine Bevölkerungsgruppen von der Teilnahme an Bonusprogrammen ausgeschlossen werden, ist die Teilnahme daran nicht nur durch den Nachweis sportlicher Aktivität möglich. 

Auch die regelmäßige Teilnahme an Präventionsprogrammen, Vorsorge- oder Früherkennungsuntersuchungen sowie durchgeführte Impfungen oder Zahnreinigungen bringen Bonuspunkte. Ebenso wird Engagement wie Blutspenden oder der Besuch eines Erste-Hilfe-Kurses mit Bonuspunkten belohnt. 

Der sportliche Aspekt ist also nur einer von vielen.

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Erläuterung:

Bonusprogramme sind also gesetzlich nicht nur erlaubt, sondern sogar vorgesehen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung.

Individualisierte Versicherungstarife auf Basis von Trackingdaten sind aber als mögliche Verstöße gegen das Solidarprinzip verboten.

Bonusprogramme – gerecht oder ungerecht?

Martin und Timm diskutieren auf ihrem Weg durch den Park über die Gerechtigkeit von Bonusprogrammen. Timm wirft die Frage auf, ob auch die ältere Dame neben ihnen vom sportlichen Aspekt des Bonusprogramms profitiert. 

Und was ist mit der schwangeren Frau, die ein paar Meter entfernt von ihnen steht? Oder mit Menschen, die eine körperliche oder geistige Behinderung haben?

Seine anfängliche Skepsis ist nicht ganz verschwunden.

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Grafik Aktivitäten im Park

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