Flexible Formate digitaler Bildung – Micro-Credentials und Micro-Degrees am Beispiel des KI-Campus
Das neue Diskussionspapier des KI-Campus skizziert den Status Quo zu Micro-Credentials und Micro-Degrees als flexible und innovative Qualifizierungsform. Am Beispiel des KI-Campus werden aktuelle Entwicklungen und Perspektiven aus der Praxis vorgestellt. Dana-Kristin Mah fasst hier zentrale Erkenntnisse zusammen.
Micro-Credentials und Micro-Degrees werden in der Bildungspolitik und -praxis zunehmend als flexible und innovative Qualifizierungsform diskutiert. Die deutsche Bundesregierung will die Einführung von Micro-Degrees für die wissenschaftliche Weiterbildung prüfen (SPD et al., 2021), die Europäische Kommission will bis 2025 alle notwendigen Maßnahmen für eine breitere Nutzung, Übertragbarkeit und Anerkennung von Micro-Credentials in den Mitgliedsstaaten getroffen haben (European Commission, 2020). Mittlerweile finden sich mehr als 1.500 Micro-Credentials auf internationalen digitalen Lernplattformen (Shah, 2021), die teils zu komplexeren Micro-Degrees gestapelt werden können. Für die Geschäftsmodellentwicklung der Plattformen spielen sie zunehmend eine zentrale Rolle.
Eine eindeutige Begriffsdefinition fehlt bisher: So wird der Terminus „Micro-Credentials“ beispielsweise auf europäischer Ebene bisher uneinheitlich verwendet – denn während Projekte wie MicroHE und MICROBOL damit beides – also einerseits kurze, kleinteilige Lernformate sowie andererseits Leistungsnachweise – gleichermaßen bezeichnen, begreift die EU-Kommission Micro-Credentials ausschließlich als „Nachweise über Lernergebnisse, die ein Lernender nach einer kurzen, transparent bewerteten Lernerfahrung erworben hat“ (European Commission, 2020, S. 10). Das European MOOC Consortium (EMC) hat teils sehr dezidierte Vorgaben für Micro-Credentials – hier verstanden als Lernangebote – formuliert (The European MOOC Consortium, 2019). Dazu zählen beispielsweise ein Gesamtarbeitsaufwand von 100 bis 150 Stunden, die zwingende Vergabe von ECTS oder die Entsprechung zu bestimmten Niveaustufen des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) (The European MOOC Consortium, 2019).
Micro-Degrees auf dem KI-Campus
Der KI-Campus berücksichtigt bei seiner aktuellen Definition zu Micro-Degrees den gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskurs (European Commission, 2020; Hochschulrektorenkonferenz, 2020; Oliver, 2021).
Der KI-Campus definiert Micro-Degrees derzeit als Set bzw. eine Aggregation von mindestens drei inhaltlich aufeinander abgestimmten kürzeren Lerneinheiten (Online-Kurse), die jeweils vier Kriterien eines Micro-Credentials umfassen: Demonstration eines Lernergebnisses / einer Kompetenz, transparentes Assessment, eigenständiger Wert (stand-alone-value) und qualitätsgesichert. Alle Lerneinheiten (Online-Kurse) müssen mit einem Leistungsnachweis des KI-Campus (ausgestellt in digitaler Form bzw. als Digital Badge) abgeschlossen werden und bilden in der Summe ein Micro-Degree des KI-Campus.
Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht die Aggregation von Micro-Credentials zu einem Micro-Degree auf dem KI-Campus:
Mit „AI_VET - KI in der beruflichen Bildung“ ist bereits die erste Kursreihe auf dem KI-Campus verfügbar, die als Micro-Degree-Programm konzipiert ist. Die Kursreihe umfasst vier Online-Kurse, bei denen das Lernen und Lehren mit und durch Künstliche Intelligenz im Fokus seht. „AI_VET“ wurde von der Universität Mannheim und der Universität Stuttgart für den KI-Campus entwickelt und wird offen lizenziert als „KI-Campus-Original“ angeboten.
Zudem arbeitet der KI-Campus an der Entwicklung eines Micro-Degree-Programms basierend auf der Kursreihe „Dr. med. KI“. Für die beiden Online-Kurse „Dr. med. KI - Basics“ und „Dr. med. KI - Clinics“ aus der Reihe sind bereits Micro-Credentials / Digital Badges in Form von Leistungsnachweisen verfügbar. Zwei weitere geplante Kurse zu den Themenschwerpunkten Ethik und Programmierung in der Medizin sollen die „Dr. med. KI“-Kursreihe in Form eines Micro-Degree-Programms ergänzen. Im Sinne einer nachhaltigen und verstetigten Nutzung werden die Kurse sukzessive in Kollaboration mit der Landesärztekammer Baden-Württemberg für den Bereich der ärztlichen Fortbildung (Continuing Medical Education) zertifiziert, um sie curricular im medizinischen Fortbildungssystem zu verankern.
Der KI-Campus möchte zukünftig weitere Micro-Degrees entwickeln und diese für die Fort- und Weiterbildung, den Schlüsselkompetenzbereich an Hochschulen, Spezialisierungsbereiche an Hochschulen sowie für lebenslanges Lernen anwendungsorientiert erproben und evaluieren.
Neugierig geworden? Für einen tieferen Einblick lohnt sich das Lesen des neuen Diskussionspapiers „Micro-Credentials und Micro-Degrees. Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven aus der Praxis des KI-Campus“. Viel Spaß dabei und Feedback ist sehr willkommen!
Zum Diskussionspapier auf dem KI-Campus
Literatur
European Commission. (2020). A European approach to micro-credentials. Output of the micro-credentials higher education consultation group – Final report. https://doi.org/10.2766/30863
Hochschulrektorenkonferenz. (2020). Micro-Degrees und Badges als Formate digitaler Zusatzqualifikation. https://www.hrk.de/positionen/beschluss/detail/micro-degrees-und-badges-als-formate-digitaler-zusatzqualifikation/
Oliver, B. (2021). A conversation starter: Towards a common definition of micro-credentials. http://hdl.voced.edu.au/10707/588576
Shah, D. (2021). Massive List of MOOC-based Microcredentials. https://www.classcentral.com/report/list-of-mooc-based-microcredentials/
SPD, Bündnis 90/Die Grünen, & FDP. (2021). Mehr Fortschritt Wagen: Bündnis Für Freiheit, Gerechtigkeit Und Nachhaltigkeit. https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf
The European MOOC Consortium. (2019). EMC Common Microcredential Framework. The European MOOC Consortium. https://emc.eadtu.eu/images/EMC_Common_Microcredential_Framework_.pdf