KI-Campus_Medizin-Blogbeitrag

Für KI in der Medizin begeistern

Von Prof. Dr. Kerstin Ritter und weiteren Autor:innen
18.12.2020

Wie kann man Medizininteressierte für das Thema KI begeistern? Diese Frage stellte sich unser Team bestehend aus Lehrenden der Charité und Entwickler:innen von digitalen Lernangeboten beim KI-Campus. Sowohl Medizinstudierende als auch praktizierende Mediziner:innen haben bekanntermaßen wenig zeitliche Freiräume. Daher standen für uns besonders niedrigschwellige Lernformate zur Vermittlung grundlegender KI-Kompetenzen im Fokus.

Praxisbeispiele sollten den Einsatz von KI im Allgemeinen sowie in medizinischen Kontexten im Besonderen veranschaulichen. Mit diesem problembasierten Zugang wollten wir die Möglichkeit bieten, hinter die Kulissen von KI-Systemen und -Anwendungen zu blicken. Die Bausteine von KI wie Daten und Algorithmen sollten entschlüsselt werden, um zusammen mit Medizininteressierten die „Black-Box KI“ zu öffnen. 

Zentrale Inhalte verpackt in zwei Formaten

Mit diesen grundlegenden Inhalten und Rahmenbedingungen im Gepäck begann die Konzeption und Entwicklung von „Dr. med. KI“ – einem Lernangebot, das sich aus einem Podcast und einem interaktiven Online-Kurs zusammensetzt. Der Podcast bietet die Möglichkeit, sich die Inhalte beiläufig im Alltag zu erschließen. Die Geschichte der KI und die Meilensteine in ihrer Entwicklung bilden den Ausgangspunkt. Erweitert wird das Wissen durch Gespräche über die verschiedenen Teilgebiete der KI, während kontextbezogene Anwendungsbeispiele aus der Medizin den KI-Kosmos erweitern.

Durch den Online-Kurs, der auf den einzelnen Elementen des Podcasts aufbaut, geht die Reise in höhere Sphären. Videoclips mit ergänzenden Illustrationen machen das Gesagte besser vorstellbar. KI-Kompetenzen können anhand von spielerischen Quizformaten in vertiefender Form aufgebaut werden. Bei beiden Formaten – Podcast und Online-Kurs – geht es darum, einen Einstieg in die Welt der KI zu ermöglichen.

Den KI-Kosmos erforschen

Wie alle Lernangebote des KI-Campus wird auch „Dr. med. KI“ gemeinsam mit Lehrenden und Lernenden weiterentwickelt. In der zweiten Staffel werden einzelne Teilbereiche der Medizin schwerpunktmäßig behandelt. Expert:innen der Charité sprechen über den Einsatz von KI in ihrem Arbeitsalltag und teilen ihre Erfahrungen. Die Lernenden erhalten einen Einblick, wie beispielsweise Verfahren des Maschinellen Lernens oder des Deep Learnings in der Kardiologie, Nephrologie, der medizinischen Bildgebung oder auch in der Medikamentenentwicklung heutzutage Anwendung finden.

Vertiefende Aufgaben helfen dabei, zentrale Terminologien voneinander abzugrenzen und so ein präziseres Bild von KI-Techniken zu erhalten. Hierbei steht das spielerische und erforschende Lernen im Vordergrund. Anhand sogenannter „Explorables“ kann man ausprobieren, wie Algorithmen beispielsweise Zahlen erkennen und welche Rolle dabei Neuronale Netze mit ihren Neuronen und Hidden Layers spielen. Lernziel-Checks konsolidieren schließlich das Wissen und geben den Lernenden eine Rückmeldung, inwieweit das Gelernte verstanden wurde.

Die Entmystifizierung von Algorithmen

Der KI-Campus möchte KI-Kompetenzen durch innovative digitale Lernangebote stärken. Bei „Dr. med. KI“ besteht die Gratwanderung darin, Interessierte mit unterschiedlichen Vorkenntnissen in den Bereichen KI und Medizin anzusprechen.

Um diese Gratwanderung zu meistern, wird mit „Dr. med. KI für Spezialist:innen“ ein Lernpfad entstehen, auf dem Lernende in einer Entwicklungsumgebung auch grundlegende Programmierkenntnisse erwerben können. Jede Person kann somit ihre eigene explorative Reise durch den Online-Kurs nach ihren individuellen Bedürfnissen gestalten. Es liegt bei den Lernenden selbst, wie tief sie in die Black-Box KI hineinschauen möchten.

Das Verorten von KI im Arbeitskontext

Über all das Wissen rund um KI hinaus ist es für Personen in der Praxis unerlässlich, die Technologien und Anwendungen richtig einzuschätzen und zu nutzen, da nur dadurch wichtige Kompetenzen entwickelt werden können. Daher ziehen sich Fragen zur Datenerhebung, Datensicherheit und insbesondere zu ethischen Aspekten bei der Verwendung von KI durch Podcast und Online-Kurs. 

Szenarien, in denen die Verwendung von Symptom-Checker-Apps und Analyseverfahren im Rahmen der medizinischen Bildgebung skizziert werden, dienen in konkreter Form der richtigen Verortung von Mediziner:in, Patient:in und KI in diesem Dreigestirn. Dadurch sollen zunächst Ängste beim alltäglichen Gebrauch von KI-Anwendungen abgebaut werden. Idealerweise dienen die besprochenen Einsatzszenarien in einem nächsten Schritt dazu, KI sinnvoll als diagnostisches Unterstützungssystem zu nutzen und die Interaktion mit den Anwender:innen zu optimieren. 

Digitale Inhalte in die Hochschulen tragen

In einer geplanten dritten Staffel sollen einzelne Fallbeispiele aus medizinischen Kontexten vor dem Hintergrund ethischer Fragestellungen behandelt werden. Die Lernenden-Community hat hierbei die Möglichkeit, sich aktiv an dem Diskurs über Diskussionsforen und in virtuellen Klassenräumen zu beteiligen. Die Lernenden können eigene Fallbeispiele skizzieren und in Gruppen diskutieren, wodurch der Wissensschatz gemeinschaftlich wächst. 

Unser Ziel ist es, die Leidenschaft für das Thema KI in der Medizin vielerorts zu wecken. Aus diesem Grund möchten wir die digitalen Inhalte auch in die Veranstaltungen an Hochschulen tragen. In einem Seminar an der Charité kam „Dr. med. KI“ bereits testweise vor Ort zum Einsatz und wurde von Studierenden evaluiert. Wir hoffen, dass dies ein erstes Anwendungsszenario ist, dem noch viele folgen werden. Die Reise durch den KI-Kosmos hat gerade erst begonnen.

Kerstin Ritter
Prof. Dr. Kerstin Ritter
Charité

Kerstin Ritter ist Juniorprofessorin für Computational Neuroscience an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (Charité – Universitätsmedizin) und dem Bernstein-Zentrum für Computational Neuroscience. Seit über 10 Jahren forscht sie zu KI in der Medizin – insbesondere zu aktuellen Fragen der Hirnforschung bei der Diagnostik von neurologischen und psychischen Erkrankungen.  

Mike Bernd
Mike Bernd
Teamleitung Lernangebote
Stifterverband

Mike Bernd koordiniert beim KI-Campus den Bereich Lernangebote und Ideenwettbewerbe. Zuvor war er als Manager für Qualitätssicherung bei Kiron Open Higher Education sowie als Instructional Designer an der HAW Hamburg tätig. Während seiner Zeit als Stellvertretender Projektleiter an der University of Shanghai for Science & Technology entwickelte er hybride Kursformate im Kontext der digitalisierten Lehre. Mike Bernd studierte u.a. Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität Berlin und Sinologie an der Humboldt Universität zu Berlin.