Die künftige Arbeitswelt
Lektion 1
Zukunft der Arbeit
Ihre Nachbarin Bea hat Mara neugierig gemacht, welche digitalen Tools sie in ihrem Arbeitsalltag noch so ausprobieren könnte. Beispielsweise ist ihr neulich aufgefallen, dass ihre ältere Tochter nur noch selten etwas tippt, wenn sie sich über Smartphone etwas mit ihren Freundinnen schreibt. Stattdessen spricht sie den Text einfach und lässt ihn vom Chatprogramm in Text umwandeln. Eigentlich sehr praktisch, überlegt Mara. Könnte man so etwas nicht auch gut für E-Mails nutzen? Es ist natürlich auch etwas unheimlich, denn schließlich wird ja die eigene Stimme irgendwo hochgeladen.
Mal ganz abgesehen davon, was die Zukunft wahrscheinlich noch so alles bringen wird: Neulich hat sie in einem Interview mit einer Computerexpertin aus den USA gelesen, dass uns bald virtuelle Assistenten bei der Arbeit unterstützen werden. Die können dann alle möglichen Daten sammeln und protokollieren, was du gemacht hast. Sie protokollieren sogar noch die Erfahrungen aller möglichen Menschen weltweit, die denselben Job machen wie du.
Virtuelle Assistenten
Noch mehr Daten
In immer mehr Jobs, wahrscheinlich auch in deinem, werden immer mehr Daten gesammelt. Es fängt schon beim Bewerbungsverfahren an und geht mit der Zeiterfassung weiter. Aber auch darüber hinaus produzierst du Daten. Bei Büroarbeitsplätzen kann – zumindest theoretisch – jeder Anschlag auf der Tastatur, jede Speicherung oder Löschung, jeder Suchverlauf im Internet sowie die gesamte Kommunikation, etwa via E-Mail, komplett dokumentiert und ausgewertet werden.
Aber es geht noch weiter. Wusstest du, dass man inzwischen Firmenausweise, ja sogar Kleidung und Werkzeuge, mit kleinen Chips ausstatten kann? Stell dir vor, die Geräte, mit denen du im Job zu tun hast, wären mit Sensoren ausgestattet, die alles aufzeichnen, was du machst. Das klingt zwar ein bisschen unheimlich, aber auf diese Weise könnten diese Geräte Hilfestellung geben, wenn sie „merken“, dass du bei irgendetwas gerade auf dem Holzweg bist. Das alles funktioniert aber nur dann wirklich gut, wenn die Geräte „wissen“, mit wem sie es zu tun haben, also auf ein persönliches Benutzerprofil zurückgreifen können.
Sogenannte virtuelle Assistenten können solche Daten in Massen sammeln, auswerten und durch Methoden maschinellen Lernens optimieren, wie sie helfen können. Es handelt sich damit um Anwendungen Künstlicher Intelligenz.
Die virtuellen Assistenten könnten sich dann zum Beispiel auf Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen einstellen oder am Arbeitsplatz auf körperliche Fehlhaltungen aufmerksam machen. Sie können auch helfen, unnötige Wegzeiten auf dem Betriebsgelände oder im Straßenverkehr zu vermeiden.
Aufgabe
Virtuelle Assistenten sind nicht nur Zukunftsmusik. Sie kommen heute schon zum Einsatz. Weißt du, was sie schon alles können?
3 Fragen an…
Dr. Rahild Neuburger
Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt, das steht außer Frage. Wo profitieren wir davon, weil künstliche Intelligenz und Algorithmen unseren Arbeitsalltag erleichtern? Welche Branchen werden vom Wandel besonders betroffen sein? Und müssen wir um Arbeitsplätze fürchten?
Diese drei Fragen beantwortet die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Rahild Neuburger im Interview. Sie arbeitet an der Fakultät für Betriebswirtschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München und forscht zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Sie ist außerdem Mitglied der Plattform Lernende Systeme, einem Expert*innen-Netzwerk für Künstliche Intelligenz.
Arbeiten am Strand?
Bei der Nutzung von virtuellen Assistenten ist natürlich auch der Datenschutz wichtig, überlegt Mara. Aber es fasziniert sie immer mehr, was für neue Möglichkeiten sich durch die Digitalisierung der Arbeitswelt ergeben. Eigentlich könnte sie ja sogar von überall aus arbeiten, oder? Also nicht nur im Homeoffice, sondern auch auf einer Liege am Strand oder in einer Hütte in den Bergen. Auf Reisen sein und gleichzeitig arbeiten. Wäre das nicht toll?
Durch die Welt reisen, ortsunabhängig da arbeiten, wo es am schönsten ist – dafür braucht man nur einen Laptop und eine Internetverbindung. Es gibt tatsächlich Menschen, die so leben und arbeiten. „Digitale Nomad*innen“ werden sie genannt. Meist funktioniert das nur für Selbstständige. Doch das könnte sich bald ändern.
„Die Mitarbeitenden sollen den Arbeitsort wählen, an dem sie am produktivsten sind“, heißt es von einem großen Konzern. Wie viele digitale Nomad*innen es derzeit gibt, weiß man nicht genau. Zur deutschen Ausgabe der Messe DNX (Digitale Nomaden Konferenz) wurden zuletzt immerhin 10.000 Teilnehmer*innen gezählt.
Aufgabe
Kannst du dir auch vorstellen, als digitaler Nomade oder digitale Nomadin zu arbeiten? Dann solltest du über folgende Dinge Bescheid wissen.
Wertewelten
Mara ist bewusst, dass sie generell eine ziemlich optimistische Haltung zum neuen digitalen und flexiblen Arbeiten hat. Sie kennt aber auch viele Menschen, die das alles nicht so gut finden. Die denken bei der Digitalisierung eher an mehr und nicht an weniger Stress im Job. Das liegt bestimmt auch am Alter und am Beruf. Oder?
Wie Arbeitnehmer*innen in Deutschland die Digitalisierung bewerten, hängt gar nicht so sehr von Alter oder Einkommen ab, sondern eher von der Grundeinstellung zu Leben und Arbeit. Um das zu ermitteln, wurden 2016 in einer repräsentativen Studie des Bundesarbeitsministeriums 1.200 Menschen in Deutschland per Telefon befragt, wie die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert und wie sie das finden. Aus den Antworten wurden sieben „Wertewelten“ konstruiert.
Du findest hier Beschreibungen zu den sieben Wertewelten. Sie machen deutlich, wie die der jeweiligen Wertewelt zugerechneten Menschen die Digitalisierung der Arbeitswelt bewerten.
Sorgenfrei von der Arbeit leben können
Für die Menschen in dieser Wertewelt ist es am wichtigsten, ein sicheres Leben ohne materielle Sorgen leben zu können. Arbeit gehört für sie dazu. Aber aus ihrer Sicht wird die Arbeit, auch durch die Digitalisierung, immer raumgreifender und lässt kaum noch Platz für Privates.
In einer starken Sozialgemeinschaft arbeiten
Menschen aus dieser Wertewelt finden, die Arbeitswelt sollte von Loyalität und Wertschätzung geprägt sein. Leider ist das ihrer Meinung nach immer seltener der Fall. Unternehmen sorgen sich demnach immer weniger um das Wohl ihrer Mitarbeiter*innen. Digitalisierung wird in dieser Wertewelt als hilfreich betrachtet, solange sie Arbeit erleichtert.
Engagiert Höchstleistungen erzielen
Verantwortung, Effizienz, Leistungsstreben, darum geht es doch im Job, finden Menschen aus dieser Wertewelt. Die Digitalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft ist für sie keine Belastung, sondern eine Herausforderung.
Den Wohlstand hart erarbeiten
Die dieser Wertewelt zugerechneten Personen sagen: „Ja, die Arbeit ist gefühlt stressiger geworden. Besonders die ständige Erreichbarkeit durch digitale Tools zerrt an den Nerven. Aber sie bringt auch Chancen. Wer hart arbeitet, kann es weit bringen – daran hat sich nichts geändert.“
Sinn außerhalb der Arbeit suchen
Menschen aus dieser Wertewelt meinen, dass es im Leben um weit mehr als um Erwerbsarbeit geht. Es geht um das Wohl aller. Dazu kann man auf vielfältige Weise beitragen. Die Digitalisierung wird von Angehörigen dieser Wertewelt eher als Hindernis gesehen, da sie einen Druck erzeugt, ständig erreichbar zu sein.
Sich in der Arbeit selbst verwirklichen
„Arbeit heißt, sich immer wieder neu zu erfinden, spannende Erfahrungen zu machen und dabei so flexibel wie möglich zu sein. Die Digitalisierung unterstützt mich dabei.“ So sehen es die Befragten, die dieser Wertewelt zugerechnet werden.
Balance zwischen Arbeit und Leben finden
Personen aus dieser Wertewelt sagen: „Arbeit ist ideal, wenn sie sich mit Familie, individueller Selbstverwirklichung und gesellschaftlicher Mitgestaltung vereinbaren lässt. Die Digitalisierung ist etwas Positives, denn sie hilft mir dabei.“