Smart Factory und Industrie 4.0 - was ist das?
Lektion 4
Ein Rechercheauftrag
Anton: Was hast du dir denn als Thema für die Präsentation ausgesucht?
Lisa: Ich mach was zum Thema „Smart Factory“. Das find ich spannend.
Anton: Ja, cool! [leicht schwärmerisch]... So eine moderne Autoproduktion, in der quasi nur noch Roboter arbeiten und wo alles automatisch abläuft ...
Lisa: Und das beste ist: Meine Tante arbeitet in so einer Fabrik ...
Anton: Dann musst du sie ja nur noch besuchen und hast deinen Vortrag schon in der Tasche!
Lisa: [lacht] Genau! Deshalb bin ich auch morgen mit ihr verabredet.
Lisa: Krass, hier arbeiten ja wirklich fast nur noch Roboter!
Judith: Viele, ja. Das meiste funktioniert hier tatsächlich vollautomatisch. Du kannst dir das so vorstellen: Alles ist mit allem vernetzt, die Maschinen untereinander und sogar die Bauteile mit den Maschinen. Alle tauschen Daten miteinander aus und werden sogar durch Daten gesteuert.
Lisa: Echt? Eine Tür sagt dann zur Maschine: Bitte hier und hier schweißen?
Judith: [lacht] Ja, im Grunde schon. Aber ganz ohne Menschen funktioniert es trotzdem noch nicht … Komm, ich stell dir mal Omar vor.
Judith: Hallo, Omar, dürfen wir dich kurz stören? Das hier ist meine Nichte Lisa. Sie hält in der Berufsschule ein Referat über Smart Factorys.
Omar: Ah, hallo, Lisa. Na, dann bist du ja hier genau richtig.
Judith: Ich hab Lisa gerade erzählt, wie hier inzwischen alles mit allem vernetzt ist und über Daten gesteuert wird.
Omar: Stimmt, da hat sich wirklich einiges geändert in den letzten Jahren … Nicht umsonst spricht man ja auch von der vierten industriellen Revolution … .
Lisa: Oder von “Industrie 4 Punkt 0 …”
Omar [freundlich]: Genau! Du bist ja schon bestens informiert!
Industrie vier-Punkt-was?
Seit rund 270 Jahren verändert Technologie unsere Arbeitswelt – bislang in vier großen Schüben, die auch Industrie 1.0 bis 4.0 genannt werden.
Industrie 1.0 (circa 1830–1850)
Dampf-, Spinn- und Werkzeugmaschinen ermöglichen eine Mechanisierung der Produktion in allen Industriezweigen – von der Textil- über die Kohle- bis zur Stahlindustrie. Diese Phase wird heute als Industrie 1.0 bezeichnet.
Industrie 2.0 (circa 1880–1920)
Mit der Einführung der Elektrizität als Antriebskraft nimmt die zweite industrielle Revolution ihren Anfang. Der Taylorismus mit seinem System der Prozessorientierung und strikten Arbeitsteilung wird zum beherrschenden Prinzip. Der Durchbruch gelingt mit der Einführung des Fließbandes, das Henry Ford 1913 erstmals in der Autoproduktion einsetzt.
Industrie 3.0 (seit den 1970er-Jahren)
Elektronikindustrie, Kunststoffproduktion und Raumfahrttechnologie entwickeln sich zu Leitsektoren. Eine fortschreitende Automatisierung führt dazu, dass zunehmend Maschinen die menschliche Arbeitskraft ergänzen oder ersetzen. Der „Personal Computer" (PC) für Büro und Haushalt begründet einen neuen Industriezweig.
Industrie 4.0 (seit dem Jahr 2000)
Die Digitalisierung ermöglicht es, Maschinen zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Sie tauschen selbstständig Daten untereinander aus. Auch die Mensch-Maschine-Kommunikation läuft zunehmend automatisiert. Selbst in handwerklichen Industriezweigen wie der Baubranche hält die Digitalisierung Einzug. In modernen Fabriken, sogenannten „Smart Factories“, werden Güter vollautomatisiert produziert oder arbeiten Menschen und Roboter Hand in Hand.
Aufgabe
Teste dein Wissen! Welche Technologien dominierten in welcher industriellen Revolution?
Überall Daten
Das Besondere an einer Smart Factory ist die Vernetzung, also das Zusammenführen von Daten aus unterschiedlichen Quellen. Das sind zum Beispiel Videokameras, die Prozesse überwachen, oder Lasergeräte, die Oberflächen abtasten.
Inzwischen können Mini-Sensoren, die direkt in Gegenstände, Geräte und Maschinenteile eingebaut werden, auch Vibrationen, Geräusche, Temperatur, Stromverbrauch, Beschleunigung oder Positionen erfassen.
Die so gesammelten Daten werden zum Beispiel zur Qualitätskontrolle in der Produktion oder zur Erkennung von technischen Störungen genutzt.
Die Anlagen und Maschinen sowie einzelne Werkstücke sind miteinander verbunden und erfassen mithilfe der Sensoren kontinuierlich große Datenmengen. Das wird in der Fachsprache auch Internet der Dinge genannt.
Auf Basis der Eigenschaften der Maschinen und der erfassten Daten kann die ganze Fabrik digital abgebildet werden – es entsteht ein sogenannter digitaler Zwilling (engl. Digital Twin).
Die Mitarbeiter*innen arbeiten in einer Smart Factory also mit einer Kombination aus digitalen Zwillingen und realen Maschinen. Dies bezeichnet man als cyberphysische Systeme.
Die Vernetzung geht noch weiter: Die Fertigungsebene wird mit einem erweiterten Warenwirtschaftssystem, auch ERP-System (engl. Enterprise-Resource-Planning-System) genannt, verbunden. Das ERP-System steuert die für die Produktion wichtigen Dinge, zum Beispiel Kapital, Personal und Material.
Die Software verknüpft ihr System zudem mit Systemen der Zulieferfirmen und erhält so in Echtzeit Informationen zu Lagerbeständen, Lieferzeiten und Neuentwicklungen.
Aufgabe
Was denkst du? Welche Datenquellen in einer Smart Factory lassen sich zu welchem Zweck nutzen?
Versteckte Daten
Produktionsdaten haben auf den ersten Blick nichts mit personenbezogenen Daten zu tun. Trotzdem können sich in Produktionsdaten personenbezogene Daten verstecken. Daten, die ursprünglich zur Prozessoptimierung generiert wurden, könnten auch zur Leistungs- oder Verhaltenskontrolle verwendet werden.
Je vernetzter und enger Mensch und Maschine zusammenarbeiten, desto stärker können einzelne Mitarbeiter*innen, ihr Arbeitsverhalten sowie ihre Leistung erfasst und dokumentiert werden.
Aufgabe
Teste dein Wissen! In einer Smart Factory werden an vielen Stellen Daten erfasst, die wichtig für die Produktion sind.