Die Zukunft von Arbeitsplätzen
Lektion 3
Bea macht sich Sorgen
Mara: Hab ich Dir schon erzählt, dass ich demnächst ein Vorstellungsgespräch habe?
Bea [überrascht]: Nein ...! Das ist ja super!
Mara: Das erste Gespräch ist aber nur mit einem Chatbot, der so ein paar Dinge abfragt. Irgendwie komisch ...
Bea [ungläubig/belustigt]: Waaas? Das ist ja spannend ... Aber andererseits auch ein bisschen beängstigend, oder?
Bea: Wenn jetzt schon Bewerbungen so automatisiert ablaufen – was heißt das denn dann für unsere Jobs? Du kennst doch diese ganzen Prognosen: Wie viele Arbeitsplätze demnächst durch Automatisierung wegfallen und so.
Mara: Hm, aber geht es da nicht vor allem um Routinejobs? Klar, für die Betroffenen ist das natürlich schlimm. Aber langfristig gesehen wäre es doch gut, wenn man solche Arbeiten in Zukunft vielleicht gar nicht mehr machen müsste ...
Bea: Na ja, ich glaube nicht, dass nur reine Routinejobs wegfallen. Es können ja auch Teile anderer Jobs automatisiert werden.
Mara: Ich weiß nicht ... Was soll denn automatisierbar sein, wenn du als Lehrerin arbeitest? Oder als Juristin?
Bea: Du glaubst gar nicht, wie viel Routinearbeit Juristen machen! Verträge prüfen und nach irgendwelchen Klauseln suchen und sowas. Das können Programme doch jetzt schon viel schneller.
Mara: Okay. Aber dadurch verlierst du ja dann als Juristin auch nicht deinen Job, sondern wirst bei Sachen unterstützt, die ohnehin nervig sind.
Bea: Hm, ja … Die Lage ist einfach ziemlich verzwickt und unklar. Einmal heißt es, die Digitalisierung bedroht Millionen Arbeitsplätze, dann wieder, es würden Millionen neue entstehen. Aber vielleicht ist das ja gar kein Widerspruch?
Das Ende der Arbeit?
Seit einiger Zeit versucht man mit Studien herauszufinden, wie sich die Digitalisierung auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes auswirkt. 2013 prognostizierten die Oxford-Wissenschaftler Carl Benedikt Frey und Michael Osborne, dass mit großer Wahrscheinlichkeit fast die Hälfte aller Jobs in den USA (47 Prozent) durch automatisierte Prozesse ersetzt werden. Vor allem Routinetätigkeiten sind gut automatisierbar. Jobs, in denen häufig die folgenden Tätigkeiten ausgeführt werden, dagegen nicht:
- Begutachtungs- und Reparaturtätigkeiten (Instandsetzungen)
- kreativ-intelligente Tätigkeiten (bisherige Verfahren verbessern oder neue Verfahren ausprobieren)
- sozial-intelligente Tätigkeiten (ausbilden, unterrichten und erziehen)
Exercise:
Teste dein Wissen: Welche Berufsfelder wären nach Frey und Osborne in Zukunft stark durch Automatisierung gefährdet, welche nicht?
Neue Arbeit
Sind wirklich unzählige Jobs automatisierbar? Die Prognosen von Frey und Osborne sind mit Vorsicht zu bewerten.
So können Maschinen auch Arbeitsplätze verändern, ohne Menschen ersetzen zu müssen. Die Beschäftigten könnten beispielsweise andere Aufgaben übernehmen, die sich nicht automatisieren lassen.
Durch den Wandel, der mit Automatisierung einhergeht, können sogar neue Arbeitsplätze entstehen. Beispiele sind die Herstellung neuer Technologien oder die gesteigerte Produktion in Unternehmen im Bereich Automatisierung.
Exercise:
Welche Effekte der Digitalisierung könnten in Zukunft zu weniger, welche zu mehr Jobs führen? Ordne zu:
3 Fragen an...
Nadine Bender
In der Industrie werden die Beschäftigten zukünftig verstärkt mit Robotern zusammenarbeiten. Wie wird sich die Arbeit dadurch verändern? In welchen anderen Branchen sind Roboter auf dem Vormarsch? Und wie nimmt man den Menschen die Angst vor Kollege Roboter?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Sozialwissenschaftlerin Nadine Bender in unserem Interview.
Nadine Bender arbeitet für das Augsburger Unternehmen KUKA, das Industrieroboter herstellt. Dort forscht Bender zu den psycho-sozialen Auswirkungen der Mensch-Roboter-Zusammenarbeit. Außerdem ist sie Mitglied der Plattform Lernende Systeme, einem Expert*innen-Netzwerk für Künstliche Intelligenz.
Reine Routine
Um beurteilen zu können, wie bestimmte Berufe sich im Zuge der Digitalisierung verändern, muss man vorhersagen können, welche und wie viele Anteile eines Jobs sich in Zukunft automatisieren lassen. Die Frage ist, wie man diese Anteile bestimmen kann.
Einen Versuch unternimmt der sogenannte Arbeitsvermögen-Index (AV-Index), der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) entwickelt wurde.
Die Idee ist, Merkmale zu bestimmen, die kennzeichnend für die „Nicht-Routine-Anteile” eines Jobs sind, etwa der Umgang mit Wandel, Komplexität und Unwägbarkeiten. Anschließend misst man, wie viele solcher Anteile ein bestimmter Job hat.
Es ist relativ anspruchsvoll, zum Beispiel zu messen, ob und in welchem Umfang eine Tätigkeit von Komplexität geprägt ist. Was kann man beobachten, und welche Rückschlüsse lassen sich daraus ziehen?
Eine Möglichkeit ist, die Mitarbeiter*innen zu befragen: „Wie häufig kommt es bei Ihrer Arbeit vor, dass Sie eigenständig Entscheidungen auf Basis von Daten treffen?“
Solche und andere Fragen lässt man dann mit einer mehrstufigen Skala beantworten. Sozialwissenschaftler*innen sprechen bei dieser Methode davon, etwas relativ Unbestimmtes wie „Umgang mit Komplexität“ in Antworten zu übersetzen, die man messen kann. Dies bezeichnet man als Arbeit mit Indikatoren.
Allerdings ist der Umweg über eine Befragung fehleranfällig, denn die Antwort auf eine Frage ist nie so exakt wie eine direkte Messung. Um trotzdem so genau wie möglich zu sein, fasst man mehrere Indikatoren zu einem sogenannten Index zusammen. Dabei handelt es sich um eine definierte Kennzahl, mit der man das, was man messen will, besser vergleichen kann.
Um zu überprüfen, wie gut der Index funktioniert, führt man ausführliche Tests mit vielen Menschen in verschiedenen Situationen durch. Auf diese Weise kann man erkennen, ob ein Index zum einen möglichst genau misst (Reliabilität) und zum anderen das richtige misst (Validität).
Exercise:
Was meinst du?