Handlungsfeld Mobilität

Wie wir uns künftig fortbewegen

Abstract

Lektion 3

Utopien in der städtischen Mobilität

David: Du, ich habe gerade einen spannenden Artikel zum Thema Utopien in der städtischen Mobilität gelesen. Dort haben sie auf die Stadt Kopenhagen mit ihrer autofreien Innenstadt verwiesen. Inzwischen versuchen immer mehr Städte in Europa, Autos aus der Innenstadt zu verbannen.

Sonia: Ja, das stimmt. In Berlin wurde zum Beispiel ein Teil der Friedrichstraße zur autofreien Zone erklärt. Die Meinungen darüber sind unterschiedlich. Die einen genießen das entspannte Flanieren, andere befürchten, dass der Handel darunter leiden könnte.  

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Zwei Personen unterhalten sich - Mann mit Smartphone

David: In Kopenhagen gibt es diesen Star-Stadtplaner, Jan Gehl. Der hat das Ganze organisiert und dabei einen interessanten Ansatz: Er hat zunächst über mehrere Monate hinweg gezählt, wie viele Menschen zu Fuß gehen, wie viele mit dem Rad fahren und wie viele zum Beispiel im Rollstuhl oder mit Kinderwagen unterwegs sind.

Sonia: Ach, das ist ja spannend. In der Verkehrsplanung tendieren wir tatsächlich dazu, eher die Autos und Busse oder Bahnen zu zählen.  

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Stadtplaner App

David: Ja, genau. Jan Gehl sagt, dass Städte alles über den Verkehr, aber nichts über ihre Bewohner und ihre Nutzungsmuster der Stadt wissen.

Sonia: Und wie genau konnte er das in Kopenhagen ändern? 

David: Sein großer Verdienst besteht darin, die Menschen auch in den Daten sichtbar zu machen. Das ging früher durch Teams, die gezählt haben. Heute können Sensoren die Menschen automatisch zählen. Wichtig ist, dass sie in den Statistiken und Datenbanken auftauchen, sodass entsprechend nutzerfreundliche Entscheidungen getroffen werden können. 

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Zwei Personen unterhalten sich über Verkehrsplanung

Sonia: Und das war in Kopenhagen die Befreiung der ganzen Innenstadt von Autos? 

David: Genau! Dank der ausführlichen Informationen über die Anzahl der Menschen, ihre Routen, die Dauer ihrer Aufenthalte in Cafés oder auf Bänken, steht in Kopenhagen nun die nötige Information zur Verfügung, um menschenfreundlichere Städte zu planen. Nur in Ausnahmefällen dürfen Fahrzeuge in die Innenstadt von Kopenhagen – zum Beispiel Rettungswagen, wenn es einen Unfall gegeben hat. 

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Zwei Personen unterhalten sich über autofreie Zone

Was braucht ein optimierter Verkehrsfluss?

Der optimierte Verkehrsfluss in einer Smart City wird mithilfe von Daten gesteuert. Die chinesische Stadt Shenzhen macht es vor: Dort sind über 16.000 Busse unterwegs, die elektrisch betrieben und in einem zentralen Kontrollzentrum genauestens überwacht werden, obwohl sie (noch) nicht autonom fahren.

So ist es bei erhöhtem Passagieraufkommen möglich, die Anzahl der Busse zu steigern oder zusätzliche Haltestellen anzusteuern. Zudem schicken die Einwohner*innen von Shenzhen per App Vorschläge für von ihnen benötigte Busverbindungen.

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Person vor Bildschirmen beobachtet Verkehrsfluss

Doch sind die Daten in einem solchen zentralisierten Steuerungssystem immer aussagekräftig? Moderne Navigationssysteme können über V2X-Kommunikation, Satellitenmeldungen und teilweise auch über Induktionsschleifen an Ampelanlagen messen, ob zum Beispiel Staus vorliegen. Induktionsschleifen sind Drahtschleifen im Asphalt, die sich beispielsweise direkt vor Ampeln befinden. Sie erfassen, wenn sich große metallische Objekte – wie Autos – über sie hinwegbewegen und senden ein Signal an die entsprechende Ampelsteuerung.

Allerdings lassen sich solche Systeme auch hinters Licht führen. Manche Online-Kartendienste zeigen beispielsweise das Verkehrsaufkommen und Staus an. Dafür erfassen sie den Standort und die Geschwindigkeit von Smartphones, die gerade in den Kartendienst eingeloggt sind, und berechnen daraus die wahrscheinliche Auslastung der Straße. Der Berliner Künstler Simon Weckert trickste dieses System aus, indem er 99 Handys in einem Bollerwagen hinter sich herzog. Für den Kartendienst Google Maps sah das so aus, als wären 99 Autos im Schritttempo unterwegs – und prompt wurde eine Staumeldung ausgegeben.

Aufgabe

Description

Gut aufgepasst? Teste dein Wissen!

Interactive tasks

Dunkle Datengassen in der digitalen Stadt

Um eine Stadt ohne Autos zu gestalten, sind, wie Jan Gehl erkannt hat, aussagekräftige Daten nötig. Daten können Licht ins Dunkel bringen, wie Laternen in einer Stadt. Doch welche Informationen stecken eigentlich in den Daten? Sind diese Daten immer repräsentativ? Oder gibt es dunkle Gassen in der digitalen Stadt, die von den Daten nicht erhellt werden?

Das folgende Beispiel zeigt, wie nicht repräsentative Daten zustande kommen können.

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Mann läuft durch dunkle Gasse

Die Stadt Boston hat im Rahmen eines Projekts die App „Street Bump“ eingesetzt, mit der die Nutzer*innen von 2011 bis 2014 während der Autofahrt mit Smartphone-Sensoren und anhand ihrer GPS-Position Daten sammeln konnten, die aufzeigten, wo sich in den Straßen Schlaglöcher befanden. Die Stadt konnte dann anhand dieser Daten entscheiden, welche Straßen ausgebessert werden mussten.

Allerdings gab es eine Verzerrung in diesen Daten, da insbesondere ältere Personen in weniger wohlhabenden Bevölkerungsgruppen mit geringerer Wahrscheinlichkeit ein Smartphone besaßen. Auf diese Weise wurden in den Gebieten, die vornehmlich von dieser Bevölkerungsgruppe bewohnt werden, weniger Daten zu Schlaglöchern durch die App erfasst.

Man muss bei der Arbeit mit Daten also stets darauf achten, ob sie für die jeweilige Fragestellung oder Anwendung wirklich repräsentativ sind. Oft liegt eine Verzerrung (Bias genannt) bei der Datenerhebung vor, sodass die eigentliche Fragestellung nicht mehr richtig beantwortet werden kann.

Das Problem ist, dass man es den Daten oft nicht ansieht, ob sie die Realität vollständig und unverzerrt abbilden. Es ist daher sehr wichtig, schon bei der Datenerhebung darauf zu achten, dass keine systematischen Verzerrungen auftreten können.

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Grafik vernetzte abstrakte Personen

Aufgabe

Description

Bei der Erhebung und Darstellung von Daten, zum Beispiel in Diagrammen, Grafiken und Texten, kommt es oft zu Verzerrungen, die die Aussagekraft der Daten beeinflussen. Wähle anhand folgender Kriterien aus, welche Dinge beachtet werden sollten, um eventuelle Datenverzerrungen zu erkennen.

Interactive tasks

Was benötigt eine autofreie Stadt?

In der Mittagspause kommt Sonia mit ihrem Kollegen Can ins Gespräch. 

Sonia: Du fährst gern Auto, oder? Was sagst denn du zu einer autofreien Stadt? 

Can: Na ja, eine autofreie Stadt hat sicher einige Vorteile: Sie ist umweltfreundlicher, es gibt weniger Unfälle, mehr Platz für den ÖPNV und für die Fußgänger. 

Sonia: Und auch für Radfahrer! Das fände ich als Radfahrerin super … 

Can: So ganz möchte ich aber eigentlich nicht auf mein Auto verzichten. Das ist aber ja auch noch gar nicht möglich. 

Sonia: Meinst du wirklich? 

Can: Ja, vor allem deshalb, weil die Technologie noch nicht ausreichend ausgereift ist, um den ÖPNV störungsfrei zu gestalten. 

Sonia: Man müsste es einfach mal wagen und in größerem Stile ausprobieren! 

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Zwei Personen am Tisch

Can: Dazu brauchen wir aber noch mehr Daten, eine bessere Infrastruktur und eindeutige Gesetze, die den Datenfluss regeln und die Frage beantworten, wem Mobilitätsdaten eigentlich gehören. 

Sonia: Dann müsste es aber in der Stadt gut möglich sein, auf das Auto zu verzichten. Auf dem Land ist das dagegen sicherlich schwieriger. 

Can: Das stimmt. Gerade auf dem Land wäre eine Entwicklung des ÖPNV für bessere Transportangebote wichtig. 

Sonia: Zum Beispiel könnten autonome Rufbusse oder Shuttles und kombinierte Logistik- und Transportmodelle dabei helfen, Engpässe zu überbrücken. Gibt es dafür ausreichend Daten? 

Can: Noch nicht so richtig, soweit ich weiß. Die verschiedenen Verkehrsverbünde kommunizieren noch nicht genug miteinander. 

Sonia: Open Data wäre da hilfreich. 

Can: Außerdem ist finanzielle, politische und gesellschaftliche Unterstützung essenziell – sowohl für eine Optimierung des ÖPNV im ländlichen Raum als auch für die Umsetzung von autofreien Innenstädten. 

Aufgabe

Description

Gut aufgepasst? Teste dein Wissen!

Interactive tasks